Wesentliche Verfassungs- und Geschäftsordnungsbestimmungen für Untersuchungsausschüsse

  1. Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses kann durch die Einbringung eines Verlangens von 46 Abgeordneten – also einem Viertel – im Plenum des Nationalrates erfolgen (Minderheitsverlangen), wobei jeder Abgeordnete nur ein gleichzeitig laufendes Verlangen unterzeichnen darf. Noch in derselben Sitzung wird vom Präsidenten die Zuweisung an den Geschäftsordnungs-ausschuss vorgenommen.

 

  1. Die Mehrheit der Abgeordneten kann dem gegenüber eine unbegrenzte Anzahl von Untersuchungsausschüssen durch Beschluss einsetzen.

 

  1. Gegenstand der Untersuchung ist ein bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes, wobei eine Überprüfung der Rechtsprechung ausgeschlossen ist.

 

  1. Der Geschäftsordnungsausschuss hat bei Minderheitsverlangen maximal acht Wochen für Berichterstattung an den Nationalrat Zeit (Beginn der Beratungen innerhalb von vier Wochen; Bericht an das Plenum innerhalb weiterer vier Wochen).

 

  1. Abänderungen des Untersuchungsgegenstandes bei Minderheitsverlangen sind im Geschäftsordnungsausschuss nur mit Zustimmung aller anwesenden Minderheitsvertreter möglich.

 

  1. Zunächst wird die Größe des Untersuchungsausschusses im Geschäftsordnungsausschuss beschlossen.

 

  1. Danach werden der Verfahrensrichter und der Verfahrensanwalt samt deren Stellvertretern im Geschäftsordnungsausschuss gewählt.

 

  1. Eine allfällige Verkürzung der gesetzlichen Verfahrensdauer (maximal 14 Monate) kann nur auf Antrag der Einsetzungsminderheit, der im Verlangen selbst enthalten sein muss, beschlossen werden.

 

  1. Im Geschäftsordnungsausschuss erfolgt auch die Fassung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses, wonach Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper – von wenigen Ausnahmen abgesehen – zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes verpflichtet sind.

 

  1. Die Mehrheit im Ausschuss kann eine Unzulässigkeit (Gesetzwidrigkeit) feststellen und somit die Einsetzung zunächst blockieren. Die Minderheit kann in diesem Fall den Verfassungsgerichtshof anrufen, der endgültig entscheidet.

 

  1. Mit Beginn der Behandlung des Berichtes des Geschäftsordnungsaus-schusses im Plenum des Nationalrats gilt der Untersuchungsausschuss – ohne weiteren Beschluss – als eingesetzt.

 

  1. Anschließend erfolgt die Konstituierung des Untersuchungsausschusses (die Klubs entsenden die Mitglieder und Ersatzmitglieder nach ihrem Stärkeverhältnis, und zwar nach d‘Hondt, wobei allerdings jede im Hauptausschuss vertretene Partei mindestens ein Mitglied und Ersatzmitglied stellen kann).

 

  1. Funktionsträger des Untersuchungsausschusses sind insbesondere: Der Präsident des Nationalrates als Vorsitzender (allenfalls auch der Zweite oder der Dritte Präsident), der Verfahrensrichter, der Verfahrensanwalt sowie gegebenenfalls Ermittlungsbeauftragte bzw. Sachverständige; weitere Teilnehmer sind: Auskunftspersonen, Vertrauenspersonen als Berater der Auskunftspersonen sowie Medienvertreter (Letztere bei der Anhörung von Auskunftspersonen und Sachverständigen).

 

  1. Das Beweiserhebungsverfahren dauert zunächst maximal zwölfeinhalb Monate (in die gesetzliche Frist von 14 Monaten sind nämlich drei Mal zwei Wochen für die Berichterstellung durch den Vorsitzenden aufgrund eines Entwurfes des Verfahrensrichters, für Fraktionsberichte und für Stellungnahmen von betroffenen Personen einzuberechnen).

 

  1. Auch im Verfahren selbst gibt es eine Reihe von Minderheitsrechten, und zwar insbesondere: Ladung von Auskunftspersonen, Anforderung von Akten und Unterlagen, ergänzende Beweisanforderungen, Befassung von Schiedsstellen bei Streitigkeiten u.a.m.

 

  1. Die Verweigerung der Vorlage von Akten und Unterlagen, die den Untersuchungsgegenstand betreffen, ist nur in Ausnahmefällen zulässig. Es sind dies die Beeinträchtigung der rechtmäßigen Willensbildung der Bundesregierung und ihrer Mitglieder (exekutive Eigenverantwortung) sowie eine erhebliche Gefährdung von Staatsinteressen oder von Menschenleben.

 

  1. Die Dauer des Untersuchungsausschusses beträgt – wie erwähnt – zunächst 14 Monate. Diese Frist kann auf Wunsch der Minderheit zunächst um drei Monate und danach – auf Initiative der Einsetzungsminderheit – nochmals, allerdings mit Mehrheitsbeschluss, um drei Monate verlängert werden. Die Maximaldauer beträgt also 20 Monate.

 

  1. Die Rechte der Auskunftspersonen, für die grundsätzlich Wahrheitspflicht besteht, wurden erheblich gestärkt. Zu ihrem Schutz gibt es zunächst den Präsidenten des Nationalrates als Vorsitzenden, den Verfahrensrichter, den Verfahrensanwalt sowie die Schiedsinstanzen, nämlich den Verfassungsgerichtshof, das Bundesverwaltungsgericht und die parlamentarische Schiedsstelle, bestehend aus den Mitgliedern der Volksanwaltschaft; weiters erhalten sie Einsichts- und Korrekturmöglichkeiten beim Protokoll sowie ein Stellungnahmerecht im Ausschussbericht selbst (zwei Wochen).

 

  1. Der Entwurf des Ausschussberichtes wird durch den Verfahrensrichter für den Vorsitzenden innerhalb von zwei Wochen erstellt; Fraktionsberichte können innerhalb weiterer zwei Wochen vorgelegt werden; schließlich sind zwei Wochen für Stellungnahmen von betroffenen Personen vorgesehen.

 

  1. Nach Abschluss der Beweisaufnahme erstattet der Untersuchungsausschuss – unter Berücksichtigung obiger Fristen – einen schriftlichen Bericht an den Nationalrat (darin sind enthalten: Verlauf des Verfahrens und aufgenommene Beweise sowie eine Darstellung der festgestellten Tatsachen und gegebenenfalls eine Beweiswürdigung sowie das Ergebnis der Untersuchung und auch allenfalls Empfehlungen).

 

  1. Die Tätigkeit des Untersuchungsausschusses endet mit Beginn der Behandlung des Berichtes in der auf die Übergabe nächstfolgenden Sitzung des Nationalrats.

 

  1. Der Untersuchungsausschuss endet im Normalfall spätestens am 83. Tag vor der Wahl mit der Berichterstattung an den Nationalrat, sodass in der heißen Wahlkampfphase keine Sitzungen (Beweisaufnahme) dieses Gremiums mehr stattfinden.

 

  1. Schiedsstellen zur Schlichtung von Streitigkeiten sind – wie erwähnt – der Verfassungsgerichtshof, das Bundesverwaltungsgericht und die parlamentarische Schiedsstelle.

 

  1. Die Durchbrechung der beruflichen Immunität erfolgt bei grober Verletzung der Vertraulichkeits- und Geheimhaltungsbestimmungen des Informationsordnungsgesetzes durch Mitglieder des Untersuchungsausschusses sowie im Falle von Vorwürfen der Verleumdung (Letzteres gilt auch im Plenum).

 

  1. Die Möglichkeit der Verhängung eines Ordnungsgeldes (€ 500 – € 1.000) ist bei Vertraulichkeitsverletzungen im Rahmen des Untersuchungsausschuss-verfahrens – auch nachträglich – im Geschäftsordnungsgesetz vorgesehen.

 

  1. Aufgrund der derzeitigen parlamentarischen Konstellation kann die Opposition (die Oppositionsparteien stellen 85 der 183 Mandatare) nur einen Minderheitsausschuss zeitgleich einsetzen.

 

Darüber hinaus könnten Mehrheitsausschüsse in unbegrenzter Zahl beschlossen werden.