Regierungskonstellationen in Österreich (seit 1945)
Die politische Situation in Österreich (seit 1945)
I. Grundsätzliches
Österreich ist – wie die meisten westlich orientierten Staaten – eine parlamentarische Demokratie. In einer solchen werden Sachentscheidungen im Gegensatz zur direkten Demokratie in erster Linie nicht unmittelbar durch das Volk selbst getroffen, sondern durch gewählte Volksvertreter. Diese entscheiden eigenverantwortlich und können wieder abgewählt werden.
Darüber hinaus enthält die Bundeverfassung zusätzlich zur Wahl auch einige weitere direkt-demokratische Elemente, nämlich Volksbegehren, Volksbefragungen, Volksabstimmungen, Bürgerinitiativen und Petitionen.
Die Wahlen zum Nationalrat, der ersten Kammer des Parlaments, finden in der Regel alle fünf Jahre statt. Dazu treten politische Parteien an. Diese sind dauernd organisierte Verbindungen, die durch gemeinsame Tätigkeit die Staatswillensbildung wesentlich beeinflussen.
An der Spitze der Republik Österreich steht der Bundespräsident, der vom Volk direkt für sechs Jahre gewählt wird. Dieser beauftragt in der Regel den Vorsitzenden der jeweils stärksten Partei mit der Regierungsbildung. Der potentielle Bundeskanzler sucht sich dann sein Ministerteam aus. Dieses wird vom Bundespräsidenten angelobt.
Da in Österreich die Bundesregierung bzw. einzelne Regierungsmitglieder inklusive Bundeskanzler vom Nationalrat mit einfacher Mehrheit abgewählt werden können, ist es wichtig, dass die Regierungsparteien im Parlament über eine entsprechende Mehrheit verfügen. Parteien, die bei Nationalratswahlen 4% der Wählerstimmen überschreiten, sind in der Regel auch im Nationalrat vertreten und bilden dort parlamentarische Klubs.
Die Parteien sind das Rückgrat der Demokratie und werden daher auch von der Öffentlichkeit gefördert. Derzeit erhalten die politischen Parteien daraus ca. € 65 Mio. Darüber hinaus verfügen sie über Spenden und Mitgliedsbeiträge.
II. Die politische Landschaft seit 1945
Die Zweite Republik wurde 1945 von den beiden damals staatstragenden Parteien ÖVP (Christdemokraten) und SPÖ (Sozialdemokraten) gegründet. Diese Parteien waren es auch, die dann 21 Jahre hindurch eine sogenannte „Große Koalition“ bildeten.
Danach gab es neben Großen Koalitionen auch andere Regierungsformen, nämlich Alleinregierungen, Koalitionen von SPÖ und FPÖ bzw. ÖVP und FPÖ sowie von ÖVP und Grünen und kurzfristig sogar eine Minderheitsregierung sowie eine Beamtenregierung.
III. Phasen der österreichischen Politik im Detail
Die einzelnen Phasen der österreichischen Politik seit 1945 sehen wie folgt aus:
A. Die Zeit der Besatzung (1945 bis 1955)
In dieser Zeit war das österreichische Parlament nur eingeschränkt handlungsfähig, da weite Bereiche vom sogenannten „Alliierten Rat“ der damaligen vier Besatzungsmächte kontrolliert wurden.
Damals begann die klassische „Große Koalition“, in der bis 1947 auch die Kommunisten vertreten waren. Der Bundeskanzler wurde von der Österreichischen Volkspartei gestellt.
B. Zweite Phase der „Großen Koalition“ (1955 bis 1966)
Nach Wiederherstellung der uneingeschränkten Souveränität Österreichs durch den Abschluss des Staatsvertrages im Jahr 1955 wurde die „Große Koalition“ zwischen ÖVP und SPÖ unter Führung der ÖVP fortgesetzt. Im Parlament war daneben nur eine kleine Oppositionspartei vertreten, wodurch die parlamentarische Tätigkeit von den Regierungsparteien beherrscht wurde. Erste formale Verbesserungen hinsichtlich der Kontroll- und Minderheitsrechte gab es erst im Jahre 1961.
C. Die Periode der Alleinregierungen (1966 bis 1983)
Hier kann man drei völlig verschiedene Phasen unterscheiden:
- Die ÖVP-Alleinregierung von 1966 bis 1970,
In dieser Zeit stand zum ersten Mal einer Regierung, deren Parlamentsfraktion nur knapp mehr als die Hälfte der Nationalratssitze verfügte, eine starke Opposition gegenüber, die die damals allerdings noch relativ bescheidenen Kontrollrechte voll ausschöpfte.
- SPÖ-Minderheitsregierung (1970 bis 1971)
Diese konnte eineinhalb Jahre nur dadurch bestehen, dass sie eine Vereinbarung mit einer Oppositionspartei, der damals kleinen FPÖ, geschlossen hatte. Letztere unterstützte die SPÖ und verband dies mit einer Reihe von Forderungen zu ihren Gunsten. Das Hauptanliegen war eine Änderung des Wahlrechts.
- SPÖ-Alleinregierung (1971 bis 1983)
Diese Regierungsform, die drei Gesetzgebungsperioden überstand, verfügte im Parlament ebenfalls nur über eine knappe Mehrheit, konnte aber ihre Ziele ohne wesentliche Kompromisse erreichen.
Die Opposition erwirkte allerdings im Jahr 1975 durch die Änderung der parlamentarischen Geschäftsordnung eine wesentliche Stärkung der Kontroll- und Minderheitsrechte.
D. Die Periode der „Kleinen Koalition“ von SPÖ und FPÖ (1983 bis 1986)
Die Phase dieser „Kleinen Koalition“ dauerte aufgrund eines personellen Umsturzes in der FPÖ nur drei Jahre. Darüber hinaus bestanden bei der Gesetzgebung insofern Schwierigkeiten, als die damalige oppositionelle ÖVP zeitweise die Mehrheit im Bundesrat, der zweiten Kammer, hatte und dadurch Gesetzesbeschlüsse wesentlich verzögern konnte.
E. Die dritte Phase der „Großen Koalition“ (1987 bis 2000)
In dieser Zeit bildeten SPÖ und ÖVP wieder eine gemeinsame Koalitionsregierung, wobei die SPÖ die stärkere Kraft war und dadurch auch den Bundeskanzler stellte.
Beide Regierungsparteien zusammen verfügten lange Zeit über eine große Mehrheit (zunächst 157 der 183 Mandatare). Dies führte dazu, dass die parlamentarischen Kontroll- und Minderheitsrechte zugunsten der kleinen Parteien wesentlich ausgebaut werden mussten.
1986 zogen ferner die Grünen als vierte Fraktion in den Nationalrat ein.
1993 spaltete sich das sogenannte „Liberale Forum“ von der FPÖ ab und bildete erstmals einen fünften Parlamentsklub.
Außerdem ist Österreich im Jahre 1995 der Europäischen Union beigetreten, wodurch eine wesentliche Umstellung der Regierungs- und Parlamentsarbeit notwendig war.
Im Laufe der Zeit wurde insbesondere die oppositionelle FPÖ vom Wähler erheblich gestärkt. Letzteres führte schließlich dazu, dass es im Jahr 1999 bei der Wahl drei fast gleich starke Parteien gab, nämlich SPÖ, ÖVP und FPÖ.
Es war somit nur mehr eine Frage der Zeit, wann es zu einem Ende der sogenannten „Großen Koalition“ kommen sollte.
F. „Kleine Koalition“ von ÖVP und FPÖ (2000 bis 2006)
Nach monatelangen sogenannten „Sondierungsgesprächen“ zwischen den relevanten parlamentarischen Gruppen (SPÖ, ÖVP und FPÖ) kam es schließlich zur Bildung einer sogenannten „Kleinen Koalition“ zwischen ÖVP und FPÖ. Obwohl die FPÖ bei der Nationalratswahl 415 Stimmen mehr als die ÖVP erhielt, stellte die ÖVP den Bundeskanzler.
- Dieser Regierungsvariante haben die damals 14 anderen EU-Staaten insbesondere aufgrund der Regierungsbeteiligung der „rechtspopulistischen“ FPÖ Sanktionen auferlegt, die erst langsam abgebaut werden konnten. Auch in Österreich gab es – insbesondere von oppositionellen Kräften und Bürgerinitiativen – heftige Demonstrationen gegen diese Regierungsform, die sich erst langsam legten. Diese Koalition dauerte knapp drei Jahre.
- Als im Jahre 2002 die FPÖ aufgrund interner Streitigkeiten zerfiel, kam es zu einer Neuwahl, bei der die ÖVP (79 Mandate) zu Lasten der FPÖ (18 Mandate) hohe Stimmengewinne erzielte. Die bisherige „Kleine Koalition“ wurde aber mit entsprechenden Kompetenzverschiebungen in Regierung und Parlament bis Anfang 2007 fortgesetzt.
G. Vierte Phase der „Großen Koalition“ zwischen SPÖ und ÖVP (2007 bis 2017)
Die Nationalratswahl im Jahr 2006 führte zu einer Änderung der bestehenden Mehrheitsverhältnisse. Während die regierende Partei ÖVP nur 66 Mandate dabei erhielt, fielen 68 auf die vorherige oppositionelle SPÖ.
- Nach langen Koalitionsverhandlungen wurde schließlich Anfang Jänner 2007 wieder eine „Große Koalition“ zwischen SPÖ und ÖVP gebildet, an deren Spitze ein SPÖ-Kanzler stand. Diese Koalition verfügte mit 134 Abgeordneten zum Nationalrat sogar über eine Zweidrittelmehrheit, sodass sie auch Verfassungsgesetze jederzeit alleine beschließen konnte.
- Nach der vorgezogenen Nationalratswahl Ende 2008 kam es dennoch neuerlich zur Bildung einer Koalition von SPÖ und ÖVP. Beide Parteien waren allerdings vom Wähler wesentlich geschwächt worden und verfügten nur noch über 108 Abgeordnete zum Nationalrat, sodass sie für die Verabschiedung von Verfassungsgesetzen der Unterstützung zumindest durch eine Oppositionspartei bedurfte.
Diese Gesetzgebungsperiode, die aufgrund einer Gesetzesänderung erstmals fünf Jahre dauerte, wurde zeitlich voll ausgeschöpft. Vorher betrug eine solche maximal vier Jahre, wobei es häufig zu einer vorzeitigen Auflösung des Nationalrates kam.
- Nach der darauffolgenden Nationalratswahl im Jahr 2013, bei der SPÖ und ÖVP neuerlich geschwächt wurden, aber nach wie vor über eine ausreichende Mehrheit im Nationalrat (99 von 183) verfügten, wurde diese Regierungsform („Große Koalition“) fortgesetzt.
In dieser Gesetzgebungsperiode gehörten dem Nationalrat erstmals sechs durch Wahl legitimierte Parlamentsklubs an, wodurch die Parlamentsarbeit wesentlich beeinträchtigt wurde. Im Parlament wird nämlich immer wieder versucht, einen Konsens aller Klubs bei organisatorischen Fragen zu finden.
Außerdem kam es in dieser Zeit auch zu einem kräftigen Ausbau der parlamentarischen Kontrollrechte, insbesondere durch die Einführung eines Minderheitsrechtes bei der Einsetzung von und beim Verfahren in Untersuchungsausschüssen. Dieses gerichtsähnliche Instrument wurde von der Opposition massiv ausgenützt (2 Untersuchungsausschüsse) und dominierte das Parlamentsgeschehen in der öffentlichen Wahrnehmung.
In dieser Zeit kam es sowohl bei der SPÖ als auch bei der ÖVP zu einem Wechsel der Parteivorsitzenden und zu unüberbrückbaren ideologischen und personellen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Regierungsparteien, sodass schließlich diese Gesetzgebungsperiode durch Parlamentsbeschluss einstimmig verkürzt wurde.
H. Zweite Periode einer Koalition von ÖVP und FPÖ (ab 18.12.2017)
Die durch die vorzeitige Beendigung der XXV. Gesetzgebungsperiode erforderlich gewordene Nationalratswahl fand am 15. Oktober 2017 statt und führte zu großen Verschiebungen in der österreichischen Parteienlandschaft:
- Die Volkspartei (ÖVP) erreichte dabei eine relative Mehrheit von 62 Mandaten.
- Fast gleich stark folgten am zweiten und dritten Platz die SPÖ mit 52 Mandaten und die FPÖ mit 51 Mandaten.
- Die NEOS blieben mit nunmehr 10 Mandaten fast unverändert.
- Die Liste Pilz – eine Abspaltung der Grünen - zog erstmals und auch letztmals mit 8 Mandaten in den Nationalrat ein.
- Demgegenüber konnten die Grünen die 4% - Hürde für den Einzug in den Nationalrat nicht überspringen und fielen somit aus der ersten Kammer des Parlaments heraus.
Dadurch sowie infolge der Auflösung des Klubs „Team Stronach“, die allerdings bereits in der XXV. GP erfolgt ist, verringerte sich die Zahl der Parlamentsklubs wieder auf fünf.
Zunächst betraute der Bundespräsident traditionell den Obmann der stärksten Partei mit der Bildung einer Bundesregierung. Dies war im konkreten Fall der Obmann der Volkspartei (ÖVP), nämlich Sebastian Kurz.
Nach knapp zweimonatigen Regierungsverhandlungen wurde am 18. Dezember 2017 eine neue Bundesregierung bestehend aus Volkspartei (ÖVP) und FPÖ unter Bundeskanzler Kurz und Vizekanzler Strache vom Bundespräsidenten angelobt. Diese wurde am 20. Dezember 2017 der Verfassung entsprechend dem Nationalrat vorgestellt.
Dieser neuen Regierung gehörten 14 Regierungsmitglieder (Minister inklusive Bundeskanzler) und 2 Staatssekretäre an. Im Nationalrat wurde sie von 113 Mandataren unterstützt und war somit stärker als die beiden Koalitionen davor. Auch sie verfügte jedoch nicht über eine Zweidrittelmehrheit und benötigte somit für Verfassungsgesetze die Unterstützung zumindest der SPÖ oder den NEOS.
Diese Koalition dauerte bis zum 28. Mai 2019. Aufgrund eines politischen Skandals trat der Vizekanzler und Parteiobmann der FPÖ (Strache) von seiner Regierungsfunktion zurück. Ihm folgten auch die übrigen, von der FPÖ gestellten, Regierungsmitglieder.
Somit hatte die Regierung keine Mehrheit im Parlament mehr und wurde am 27. Mai 2019 durch einen Misstrauensantrag im Nationalrat gestürzt.
I. Beamtenregierung
Nach der Abwahl der Regierung Kurz und einem einwöchigen Interregnum betraute der Bundespräsident ein Beamtenkabinett mit der Fortführung der Regierungsgeschäfte. Als Bundeskanzlerin wurde die damalige Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes Brigitte Bierlein ernannt, die weitere Experten als Minister auswählte.
Diese Regierung hatte keine Mehrheit im Parlament, sodass sie sich im Wesentlichen auf Verwaltungsaufgaben beschränkte. Die Gesetzesinitiativen wurden vom Parlament ergriffen und mit unterschiedlichen Mehrheiten abgestimmt. Diese Regierung blieb bis zum 7. Jänner 2020 im Amt und wurde danach wieder von einer durch Wahl legitimierten Regierung abgelöst.
J. Koalition ÖVP und Grüne (ab 2020)
Am 29. September 2019 fand die Nationalratswahl statt.
Dabei erreichte die ÖVP 71, die SPÖ 40, die FPÖ 31, die Grünen 26 und die NEOS 15 Mandate.
Bisher standen an der Spitze dieser Regierung drei verschiedene Bundeskanzler:
- Bundeskanzler Sebastian Kurz
Wie üblich beauftrage der Bundespräsident den Obmann der stärksten Fraktion (Kurz) mit der Bildung der neuen Bundesregierung. Nach längeren Verhandlungen mit den Grünen wurde eine Regierung bestehend aus ÖVP und Grünen gebildet.
Diese hatte zunächst das Problem, dass die damalige Opposition in der zweiten Kammer (Bundesrat) über eine Mehrheit verfügte und dadurch das Gesetzgebungsverfahren verzögern bzw. verhindern konnte. Dies änderte sich erst mit der Landtagswahl in Oberösterreich am 26. September 2021, nach der die Regierungsparteien auch im Bundesrat über eine Mehrheit verfügten.
Die ÖVP stellte 11 Regierungsmitglieder und 1 Staatssekretär. Die Grünen stellten 4 Regierungsmitglieder und 1 Staatssekretärin.
Aufgrund von politischen Turbulenzen (die sogenannte „Chat-Affäre“) und auf Drängen des Koalitionspartners (Grüne) trat Bundeskanzler Kurz am 11. Oktober 2021 von der Funktion des Bundeskanzlers zurück und übernahm vorübergehend die Führung des ÖVP-Klubs.
- Bundeskanzler Alexander Schallenberg
Zunächst wurde aufgrund der oben erwähnten Turbulenzen lediglich Bundeskanzler Kurz durch den bisherigen Außenminister Schallenberg ausgetauscht. An dessen Stelle wurde wiederum ein neuer Außenminister bestellt.
Diese Bundesregierung blieb bis 6. Dezember 2021 im Amt.
- Bundeskanzler Karl Nehammer
Am 6. Dezember 2021 wurde schließlich Schallenberg durch den damaligen Innenminister Nehammer als Bundeskanzler ersetzt. Ersterer kehrte wieder ins Außenministerium zurück. Gleichzeitig wurden ein neuer Innenminister, ein neuer Finanzminister sowie eine neue Staatssekretärin bestellt.
Im Mai 2022 kam es ferner zu einer größeren Regierungsumbildung. Dabei erfolgte eine Reduktion der Anzahl der Ressorts bzw. Regierungsmitglieder bei gleichzeitiger Erhöhung der Anzahl der Staatssekretäre. Änderungen gab es insbesondere im Wirtschafts- und Sozialbereich, im Landwirtschaftsressort und im Finanzministerium.
Auch die Grünen haben in dieser Periode Regierungsmitglieder und Staatssekretäre ausgetauscht.
Darüber hinaus verfügte die Bundesregierung nach der Niederösterreichischen Landtagswahl im Jänner 2023 kurzfristig über keine Mehrheit im Bundesrat. Erst nach der Kärntner Landtagswahl vom März 2023 haben die Regierungsparteien in dieser Kammer ab 14. April 2023 die Mehrheit in dieser Kammer zurückgeholt.
- Ende der Koalition ÖVP – Die Grünen
Aufgrund der gesetzmäßigen Beendigung der XXVII. Gesetzgebungsperiode fand eine Nationalratswahl am 29. September 2024 statt, die zu großen Verschiebungen in der österreichischen Parteienlandschaft führte.
Rund 6,35 Millionen Österreicher waren bei dieser Wahl wahlberechtigt; die Wahlbeteiligung betrug 77,7 %.
Erstmals in der Geschichte der 2. Republik wurde die FPÖ die stimmenstärkste Partei mit 28,8 % der Wählerstimmen.
Die Kanzlerpartei ÖVP hat herbe Verluste hinnehmen müssen und landet am 2. Platz mit 26,3 %, gefolgt von der SPÖ mit 21,1 %, den NEOS mit 9,1 % und schließlich den Grünen mit 8,2 %.
Andere Parteien scheiterten an der 4 % Hürde und sind somit nicht im Nationalrat vertreten.
Von den 183 Mandaten im Nationalrat entfielen 57 auf die FPÖ, 51 auf die ÖVP, 41 auf die SPÖ, 18 auf die NEOS und 16 auf die Grünen.
Die amtierende Bundesregierung hat somit ihre Mehrheit im Parlament verloren und hat dem Bundespräsidenten ihren Rücktritt angeboten. Der Bundespräsident hat daraufhin die Bundesregierung ihres Amtes enthoben und sogleich mit der Fortführung der Verwaltung und ÖVP-Bundeskanzler Nehammer erneut mit dem Vorsitz der Regierung betraut. (Art. 71 B-VG)
Die „einstweilige Bundesregierung“ stellt sicher, dass die Verwaltung bis zur Angelobung einer neuen Bundesregierung fortgeführt wird und dass es auch während der Regierungsverhandlungen eine Vertretung Österreichs, etwa in EU-Gremien, gibt.
Nach Sondierungsgesprächen mit allen fünf Parteien im Parlament hat der Bundespräsident Alexander van der Bellen den ÖVP-Chef Karl Nehammer den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt.
Da eine Koalition mit der SPÖ nur einen Mandatsüberhang im Parlament hatte, strebte die ÖVP eine Dreierkoalition zusammen mit den NEOS an.
5. Koalitionsverhandlungen zwischen den Parlamentsparteien
Die konstituierende Sitzung des neuen Nationalrats fand am 24. Oktober 2024 statt und damit begann die XXVIII. Gesetzgebungsperiode (GP).
Nach der Landtagswahl in der Steiermark Ende November 2024 haben die ÖVP und die Grünen auch hier ihre Mehrheit in der zweiten Kammer, dem Bundesrat, verloren: von den 60 Mandaten entfielen 24 auf die ÖVP, 18 auf die SPÖ, 13 auf die FPÖ, 4 auf die Grünen und 1 auf die NEOS.
Anfang Jänner 2025 haben die NEOS die Verhandlungen über eine neue Bundesregierung verlassen. Nachdem weitere Gespräche zwischen ÖVP und SPÖ ergebnislos verliefen, trat der bisherige Obmann der ÖVP, Karl Nehammer, daraufhin zurück. Der ÖVP-Parteivorstand nominierte den ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker als neuen Vorsitzenden. Der bisherige Außenminister Alexander Schallenberg wurde vom Bundespräsidenten als interimistischer Bundeskanzler ernannt.
In dieser neuen Situation erteilte der Bundespräsident dem Chef der FPÖ den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung. Herbert Kickl versuchte daraufhin mit der ÖVP eine Koalition zu bilden. Als er damit gescheitert ist, hat dieser Ende Februar den Auftrag zur Regierungsbildung zurückgelegt. Gespräche erfolgten erneut zwischen ÖVP und SPÖ und später mit den NEOS, die schlussendlich erfolgreich waren.
K. Koalition ÖVP – SPÖ – NEOS (ab 2025)
Die Koalitionsverhandlungen haben insgesamt 5 Monate gedauert und waren somit die längsten in der Geschichte der 2. Republik.
Die neue Regierung wurde am 3. März 2025 angelobt und besteht aus 6 Ministern der ÖVP, 6 SPÖ-Ministern und 2 Minister der NEOS. Bundeskanzler ist Christian Stocker (ÖVP), Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ). Darüber hinaus wurden 7 Staatssekretäre angelobt (je 3 ÖVP und 3 SPÖ; 1 NEOS).
Nach der Gesetzeslage dauert die GP des Nationalrates bis zum Herbst 2029. Allerdings könnte sich der Nationalrat durch Gesetzesbeschluss mit einfacher Mehrheit auch vorzeitig auflösen.
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