Internationaler Tag der Demokratie: ein kurzer Überblick über die Parlamentarische Situation in Österreich seit 1945
Das Wechselspiel zwischen Parlament und Regierung in Österreich
In einer modernen Demokratie sind Regierung und Parlament Fundamente des politischen Systems. Exekutive und Legislative sind abhängig voneinander und stellen einen wichtigen Teil der heiklen Balance in einer funktionierenden parlamentarischen – also repräsentativen – Demokratie dar.
Die klassische Gewaltenteilung nach Montesquieu ab dem 18. Jahrhundert umfasst drei Bereiche, nämlich:
- Gesetzgebung – Legislative / Parlament (Nationalrat, Bundesrat, Landtage)
- Verwaltung – Exekutive (Bundespräsident, Bundesregierung, Landesregierungen)
- Gerichtsbarkeit – Justiz (Die Justiz ist von der Verwaltung in allen Instanzen getrennt)
Im Laufe der Zeit gab es eine Überlappung dieser Bereiche, aber die Grundidee bleibt aufrecht, nämlich die Verhinderung einer Tyrannei durch ein System der sogenannten Checks und Balances. Um eine Konzentration der Macht zu verhindern, ist die Kontrollfunktion des Parlaments – insbesondere der Opposition – zentral.
Das österreichische Parlament besteht aus zwei Kammern: Dem Nationalrat, direkt gewählt, und dem Bundesrat, dessen Mitglieder von den neun Landtagen entsendet sind.[1]
Die Mitglieder der Bundesregierung müssen zum Nationalrat wählbar sein (Art. 70 Abs. 2 B-VG), müssen aber nicht Nationalratsabgeordnete sein. Wenn ein Abgeordneter zum Nationalrat zum Minister ernannt wird, hat er nach Ausscheiden aus diesem Amt ein Rückkehrrecht (Art. 56 Abs. 2 B-VG).
Im Gegensatz zu Abgeordneten des Nationalrats und Bundesräten genießen Regierungsmitglieder keinen Immunitätsschutz.
Die Rechtsstellung als Abgeordnete bzw. Abgeordneter ist mit verschiedenen anderen Funktionen unvereinbar[2].
Da in Österreich die Bundesregierung bzw. einzelne Regierungsmitglieder - inklusive Bundeskanzler - vom Nationalrat mit einfacher Mehrheit abgewählt werden können (Misstrauensvotum), ist es wichtig, dass die Regierungsparteien im Parlament über eine entsprechende Mehrheit verfügen.[3]
Seit dem Zweiten Weltkrieg hat Österreich eine Reihe von unterschiedlichen Regierungskonstellationen erlebt. Unmittelbar nach dem Krieg bis 1955 war Österreich in vier Besatzungszonen aufgeteilt und das Parlament war nur eingeschränkt handlungsfähig. In der Zeit der klassischen Großen Koalition, (eine Regierung zwischen der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) und der Sozialistischen Partei Österreichs (SPÖ)) musste die parlamentarische Arbeit auf den Alliierten Rat Rücksicht nehmen. Diese Koalition überlebte das Ende der Besatzung.
Anfang der 1960er Jahre wurden die Kontroll- und Minderheitsrechte im Parlament etwas verbessert.
Nach 1966 (bis 1983) gab es Alleinregierungen, zuerst unter der Führung der ÖVP und dann mit einem SPÖ Bundeskanzler (abgesehen von einer kurzen Phase einer SPÖ Minderheitsregierung). Die Opposition erwirkte im Jahr 1975 durch eine Reform der Nationalratsgeschäftsordnung eine wesentliche Stärkung der Kontroll- und Minderheitsrechte.
Es gab einige Kleine Koalitionen, bspw. von der SPÖ und der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), von der ÖVP und der FPÖ, von der ÖVP mit den Grünen und seit 2025 von ÖVP und SPÖ gemeinsam mit den Neos.
Zwischen 1987 und 2000 sowie 2007 und 2017 gab es erneut Große Koalitionen, die allerdings wesentlich schwächer waren als jene in der Zeit von 1945 bis1966.
Von 2019 bis 2020 gab es sogar eine Beamtenregierung, die über keine Mehrheit im Parlament verfügte.
Im Jahre 1995 ist Österreich der Europäischen Union beigetreten, wodurch eine Erweiterung der Regierungs- und Parlamentsarbeit notwendig war.
Dieser Überblick spiegelt eine zunehmende Fragmentierung des Parteiensystems wider, die auch in anderen westlichen Demokratien erkennbar ist. Die Regierungsbildungen werden daher in Zukunft eine Herausforderung und die parlamentarische Arbeit noch komplexer.
[1] Siehe dazu Zögernitz Bundesrat-Geschäftsordnung, 2. Auflage (2002).
[2] Siehe das Transparenz und Unvereinbarkeitsgesetz RIS - Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz - Bundesrecht konsolidiert, Fassung vom 11.09.2025
[3] Siehe auch dazu Zögernitz NRGO Nationalrat-Geschäftsordnung, 4. Auflage (2020).